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Gescheitertes IT-Projekt und Schadensersatz

IT-Berater, die sich vertragstreu bereitgehalten haben, um beauftragte Dienste zu erbringen, sollten Schadensersatzansprüche prüfen lassen, wenn ein vermitteltes Projekt dann doch nicht zustande kommt.

Der Fall

In einem Projektvertrag zwischen einer Vermittlerfirma und einem IT-Experten verpflichtete sich letzterer, entgeltlich IT-Dienstleistungen für einen Endkunden zu erbringen. Sowohl das Auftragsvolumen als auch die konkrete Auftragsdauer waren vertraglich offen geblieben. Laut einer Formularklausel des streitgegenständlichen Vertrags musste sich der Auftragnehmer zwingend ab einem bestimmten Zeitpunkt bereithalten, da ansonsten eine hohe Vertragsstrafe fällig geworden wäre. Unmittelbar nach Vertragsbeginn teilte der Vermittler dem IT-Berater nicht mit, wo und wann er mit seinem Einsatz beginnen solle. Bis zum Ablauf von zwei weiteren Monaten trat die Vermittlerfirma weder vom Vertrag zurück noch kündigte sie diesen. Die Unternehmensberatung des IT-Spezialisten erlitt nicht nur Verdienstausfall in erheblicher Höhe, sondern hatte zusätzlich Rechtsunsicherheit, die Vertragsstrafe zu verwirken, sollte sie sich nicht länger zur Diensterbringung bereithalten.

Im Rahmen der außergerichtlichen Verhandlungen lehnte die Vermittlerfirma zunächst jegliche Haftung ab. Sie verwies auf zahlreiche formularmäßige Haftungsausschlüsse des Projektvertrags. Um eine drohende gerichtliche Klage zu vermeiden, zahlte der Vermittler dem IT-Experten schließlich eine angemessene Summe für entgangenen Gewinn und Kosten der anwaltlichen Beauftragung.

Die Rechtslage

Ein Unternehmen kann sich keineswegs vorsorglich von jeglicher Haftung für vertragswidriges Verhalten durch Gestaltung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen frei zeichnen. Ein faires vertragliches Austauschverhältnis ist bei grob einseitig belastenden Klauseln wie der vorliegenden Vertragsstrafenregelung und einem pauschalen Schadensersatzausschluss nicht mehr gegeben.
Die Verwendung unwirksamer Formularklauseln verstößt gegen die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme und verpflichtet nach den Grundsätzen der sogenannten culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluss) zum Schadensersatz. Außerdem wirkte sich im vorliegenden Fall der Umstand aus, dass der Vermittler anscheinend aufgrund interner organisatorischer Mängel weder einen rechtswirksamen Rücktritt vom Vertrag erklärte, noch zeitnah rechtswirksam kündigte. Es entspricht bereits dem allgemeinen Rechtsgefühl, dass man einen Geschäftspartner nicht so lang im Unklaren über seine eigene Verpflichtung zur Diensterbringung lassen darf.

IT-Freiberufler sollten daher bei Nichtzustandekommen von Projekten die vertraglichen Vereinbarungen und mögliche Schadensersatzansprüche stets durch einen Rechtsexperten überprüfen lassen.

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